Planung des ÖPNV

Der Ausbau des ÖPNV braucht valide Daten, wissenschaftliche Verkehrsmodelle und Methoden der Wirkungsanalyse, damit am Ende Kosten und Nutzen zuverlässig abgeschätzt werden können. Die berufsbegleitende Qualifizierung an der Unikims, der Spezialistin der Universität Kassel für universitäre Bildung im Berufsleben, vermittelt das nötige Wissen und Können für die Planung des ÖPNV in drei Semestern. Wissenschaftlicher Leiter des Programms ist Prof. Dr. Carsten Sommer, Leiter des Fachgebiets Verkehrsplanung und Verkehrssysteme der Universität Kassel. Die Dozenten sind auf Mobilitätsfragen spezialisierte Wissenschaftler sowie anerkannte Vertreter aus der Praxis des ÖPNV in Deutschland.

Eine Stadt oder ein Landkreis möchten gemeinsam mit dem regionalen Verkehrsverbund das ÖPNV-Netz ausbauen. Im Prinzip ist das eine gute Entscheidung. Aber welche ist im Detail richtig? Ist es besser, eine neue Tramlinie zu bauen, oder das Busnetz zu erweitern? Welche Streckenführung ist die jeweils passende? Und überwiegt am Ende der Nutzen die Kosten? Das sind vermeintlich einfache Fragen, die jedoch differenzierte Antworten erfordern. Wer diese nach einer ergebnisoffenen Prüfung geben will, benötigt die Kenntnis und Anwendungskompetenz von Analyse- und modellgestützten Prognoseverfahren sowie der Methoden der Wirkungsanalyse und Bewertung. Genau diese Kenntnisse vermittelt das Zertifikatsprogramm „Planung des ÖPNV“ berufsbegleitend über drei Semester an der Universität Kassel.

Ein Baustein in der eigenen Karriere

Der Abschluss mit einem Certificate of Advanced Studies (CAS) befähigt zur kompetenten und verantwortlichen Mitarbeit in Planungsprozessen und zu deren Gestaltung. Das im universitären Kontext neu erworbene Können schafft die Grundlage für die Übernahme von Aufgaben und Verantwortung im Beruf und ist ohne Frage ein Baustein in der eigenen beruflichen Karriere. Das Zertifikatprogramm ist Teil des Studiengangs Master of Science ÖPNV und Mobilität der Universität Kassel und erbringt 12 Credits, die später einmal vollständig im Studiengang Master of Science ÖPNV und Mobilität anrechenbar sind, falls sich die Teilnehmer des Zertifikatprogramms für das komplette Masterstudium entscheiden. Voraussetzung für die Teilnahme am Zertifikatprogramm sind ein erster Hochschulabschluss und mindestens ein Jahr Berufserfahrung. Die Organisation und Umsetzung des Studienangebots übernimmt die UNIKIMS. Sie ist die Managementschool der Universität Kassel und deren Spezialistin für die berufsbegleitende Qualifizierung auf universitärem Niveau. In der berufsbegleitenden Qualifizierung wechseln auf dem E-Campus Phasen der Online-Seminare und des Online-Lernens - sowohl individuell, als auch in Lerngruppen - mit Präsenzphasen in Kassel.

Fakten für eine rationale Kommunikation

Der ÖPNV, sind seine Vertreter überzeugt, ist das Rückgrat der klimaneutralen Verkehrswende. Doch es geht nicht nur um die Reduktion von Kohlendioxid-Emissionen, sondern um Teilhabe am sozialen Leben durch Mobilität für alle Menschen auf dem Land und in der Stadt sowie um die Rückgewinnung von Lebensraum, der bisher allein für den Individualverkehr reserviert ist. Der motorisierte Individualverkehr braucht nicht nur Platz, der vor allem in Städten knapp ist, sondern er belastet die Luftqualität, und der von ihm ausgehende Lärm ist eine vielfach unerträgliche Belastung. Hierüber herrscht in der Gesellschaft ein immer breiter werdender Konsens. Aber die Umstellung vom Individual- auf den Öffentlichen Verkehr trifft freilich auch auf Widerstände, denn für die einen ist sie mit Verzicht auf Liebgewonnenes verbunden und für die anderen mit der Furcht vor neuer Belastung durch ein weiteres Verkehrsmittel nahe der eigenen Haustür. Darum sind qualitätsvolle, wissenschaftlich basierte Planungsprozesse im ÖPNV unverzichtbar, denn sie liefern mit ihren Fakten von der Bestandsaufnahme bis zur Umsetzung die Grundlagen für eine transparente Kommunikation, eine rationale Entscheidung sowie schließlich für einen erfolgreichen Betrieb des Verkehrssystems, das allen nutzen soll.

Zertifikatprogramm vermittelt die Grundlagen der  ÖPNV-Planung

Die Planung beginnt mit einer Problemanalyse, bei der auf Basis einer Bestandsaufnahme des Ist-Zustandes und eines definierten Zielbildes die Mängel und Chancen der aktuellen Situation abgeleitet werden. Insbesondere Daten zur Verkehrsnachfrage bilden die Basis einer soliden und im Speziellen auch einer modellgestützten Planung. Die Planer erheben die Daten mit Hilfe von Fahrgast- und Haushaltsbefragungen, nutzen aber auch vorhandene Datenquellen, die dank der fortschreitenden Digitalisierung zunehmend besser gespeist werden. E-Ticketing-Systeme und anonymisierte Mobilfunkdaten geben einen detaillierten Überblick über das Mobilitätsverhalten der Menschen, aus dem mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden weitere Rückschlüsse auf die gegenwärtige und mögliche künftige Nutzung der Verkehrsmittel gezogen werden können. Darauf aufbauend entwickeln die Planer Zug um Zug Maßnahmen und  Szenarien, indem sie die abgeschätzten Wirkungen vor dem Hintergrund des Zielbildes bewerten. Entscheidende Frage lauten: Wie groß ist die Verkehrsnachfrage, und wie wird sie sich entwickeln? Die Entwicklung hängt wiederum vom gewählten Szenario ab, denn eine neue Tramlinie dürfte mehr kosten als eine neue Schnellbuslinie, allerdings auch eine andere Attraktivität entwickeln. Die Teilnehmer des Zertifikatprogramms lernen die Wirkungen der einzelnen Maßnahmen abzuschätzen, Wirkungszusammenhänge herzustellen sowie aus der Analyse die künftige Verkehrsnachfrage in einer Prognose abzuschätzen. Im Einzelnen können Parameter wie die Fahrgastnachfrage, Umweltwirkungen, Luftschadstoffausstoß, Lärmbelastung, Verbesserung der Erreichbarkeit bestimmter Ziele und soziale Aspekte als Kriterien herangezogen werden.

Um die Teilnehmer zu einer qualitätsvollen Planung des ÖPNV zu befähigen, vermittelt die Hochschule die „Grundlagen der Verkehrsplanung“.

Die „Methoden der Verkehrserhebung und Mobilitätsanalyse“ vermittelt als Dozent Jochen Sauer, Prokurist und Bereichsleiter der WVI GmbH, Braunschweig. 

Die Grundlagen der „Nahverkehrs- und Angebotsplanung“ vermittelt Klaus Geschwinder, Teamleiter Verkehrsentwicklung und -management der Region Hannover.

Die Wirkungsanalyse lehrt Dr.-Ing. Frank Schröter, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Verkehr und Stadtbauwesen der TU Braunschweig.

Frank Schäfer, Geschäftsführer der intraplan, führt in die Systematik der Bewertungsverfahren ein und vermittelt deren Anwendung.

Neben der fachwissenschaftlichen Theorie- und Methodenausbildung steht der Anwendungsbezug der Lehr- und Lerninhalte im Vordergrund des Programms. Der Transfer von wissenschaftlichem Know-how in die berufliche Praxis ist somit Leitbild der Ausbildung.

Qualifikation für Fach- und Führungskräfte aus vielen Berufen

Das Angebot der Universität Kassel richtet sich an Fach- und Führungskräfte aus Verkehrsunternehmen, aus dem Kreis der Aufgabenträger wie den Verkehrsverbünden, an Mitarbeiter in Planungs- und Ingenieurbüros sowie an Angehörige der staatlichen Verwaltung von der kommunalen Ebene über die Länder bis zum Bund. Das Zertifikatprogramm führt wie der Masterstudiengang ÖPNV und  Mobilität Fachleute aus den unterschiedlichsten Professionen zusammen, die allesamt für einen  funktionierenden ÖPNV benötigt werden, aber bisher kaum ein universitäres Angebot finden, das die nötigen Spezialisten zusammenführt, indem es sie zu Generalisten für den ÖPNV qualifiziert. Der Zertifikatprogramm ist ebenso wie der Masterstudiengang attraktiv für Ingenieure aller Fachrichtungen, Betriebswirte, Informatiker, Juristen sowie Sozialwissenschaftler. Im Laufe der Qualifizierung bilden sich unter den Teilnehmern und Dozenten Netzwerke heraus, die ihren wahren Wert anschließend im beruflichen Alltag erweisen.