Prozess-Digitalisierung erfordert Zeit und den neutralen Blick von außen

Die MPA-Studentinnen Melanie Albers und Melina Redeker schildern, wie das Studium an der UNIKIMS den Impuls gegeben hat, einen Controllingprozess neu zu gestalten und zu digitalisieren.

In der Verwaltung herrsche häufig Zeitdruck, und Prozesse würden ohne die nötige Prozessanalyse und den neutralen Blick von außen auf den Ablauf digitalisiert. Das sei ein teurer und riskanter Fehler, der sich häufig negativ auf die Nutzer:innenorientierung und Effizienz von Prozessen auswirke, urteilen Melanie Albers und Melina Redeker. Die beiden haben es besser gemacht. 

Die jungen Frauen haben ein Studium Public Administration an der Hochschule Bremen abgeschlossen und absolvieren aktuell berufsbegleitend den Studiengang Master of Public Administration (MPA) an der UNIKIMS, der Managementschool der Universität Kassel. Beide sind in der Abteilung Personal- und Verwaltungsmanagement beim Senator für Finanzen in Bremen tätig. Diese Abteilung ist für das ressortübergreifende strategische Personalmanagement in der Freien Hansestadt Bremen zuständig. Melanie Albers arbeitet im Referat 34 der Abteilung Personal- und Verwaltungsmanagement, das – neben anderem – für Prozess- und Projektmanagement sowie Verwaltungsmodernisierung in der Bremer Verwaltung zuständig ist. Melina Redeker arbeitet im Referat 33, das – neben anderem - für Personalentwicklung, Diversity Management und Gesundheitsmanagement zuständig ist. Daneben unterstützt das Referat die Zuarbeit zum Fachcontrolling einzelner Produktgruppen. 

Agiles und klassisches Projektmanagement

Im Modul „Projektseminar“ im vierten Semester stand bei Prof. Dr. Moritz Behm die praktische Umsetzung von agilem und klassischem Projektmanagement auf dem Lehrplan. Die Studierenden sollten in kleinen Gruppen eigenständig ein Projekt bearbeiten.

Angestoßen durch den Studieninhalt haben die beiden Studentinnen einen Controllingprozess, der wegen zahlreicher Medienbrüche fehleranfällig und zeitaufwändig war, analysiert sowie neu modelliert, um ihn anschließend in Abstimmung mit den Vorgesetzten und Expert:innen innerhalb der Organisation mit in den Dienstbetrieb zu implementieren.

Medienbrüche als komplexe Herausforderung

In dem Prozess gilt es, den tatsächlichen und geplanten Mittelzu- und -abfluss in drei Finanztöpfen mit einem jährlichen Volumen von einigen Millionen Euro im einstelligen Bereich zu dokumentieren. Für Melanie Albers sind „in dem Prozess die Medienbrüche die komplexeste Herausforderung.“ Es gab die Zulieferung von Daten über Papier, per E-Mail und durch persönliche Abstimmung. Darum, sagt Melina Redeker, „wollten wir weg von Papier und Bleistift und den gesamten Prozess im Dokumentenmanagementsystem VIS (VerwaltungsInformationsSystem) abbilden“.

„Sehr gute Standards in Bremen“

In Bremen gebe es „sehr gute Standards für das Projekt- und Prozessmanagement“, beschreibt Melanie Albers einen Vorteil in ihrer Verwaltung. Nach diesen Standards organisierten die Studentinnen ihr Projekt: Melina Redeker, in deren Referat der Controllingprozess neu aufgesetzt werden sollte, fungierte als Teammitglied, ihre Referatsleiterin als Auftraggeberin und Melanie Albers übernahm eine Doppelfunktion als Projektleitung und als Teammitglied. Die Studentinnen setzten sich „smarte Ziele“, die erreichbar und messbar sein sollten. Neben strategischen Leitzielen entwickelten sie konkrete Leistungsziele. Sie erstellten einen Meilenstein-Plan, der zeitkritische Ereignisse mit jeweiligen Fertigstellungsterminen versah. Mithilfe einer Stakeholder- und Risikoanalyse identifizierten die Studentinnen wichtige Stakeholder und mögliche Projektrisiken. Gleichzeitig legten sie Maßnahmen fest, die in Bezug auf die Pflege der Stakeholder und den Eintritt möglicher Risiken entgegenwirken konnten. Der Projektstrukturplan gliederte das Projekt in eine Art Organigramm mit den gesamten zu erledigenden Arbeitspaketen. Die einzelnen Arbeitspakete wurden mit konkreten Ergebnisbeschreibungen, einer Zuständigkeit der Erarbeitung und mit dem geschätzten Aufwand versehen. Mithilfe eines Gantt-Chart wurde der Fortschritt des Projektes im Zeitverlauf überwacht. Inhaltlich wurden eine IST-Prozessanalyse und eine SOLL-Prozesskonzeption durchgeführt, um den Prozess analysieren und optimieren zu können.

Digitalisierung erfordert Weitsicht

„Es ist sehr hilfreich, sich an diese Struktur zu halten, die wir nach den bremischen Standards für Projekt- und Prozessmanagement ausgerichtet haben“, sagt Melanie Albers. Vor allem aber sei es wichtig, sich die nötige Zeit zu nehmen und mit einer möglichst neutralenPerspektive von außen auf bestehende Prozesse zu schauen: „An ein solches Projekt muss man mit Weitsicht rangehen, die nötigen zeitlichen Ressourcen einplanen und den Prozess vor der Digitalisierung analysieren und verbessern, indem man einen IST- und einen neuen SOLL-Prozess aufsetzt“, empfiehlt Melanie Albers.

Zahl der Prozessschritte wurde halbiert

Die beiden Studentinnen haben im neu aufgestellten SOLL-Prozess die Zahl der Prozessschritte um die Hälfte reduziert und unnötige Schnittstellen abgebaut. Damit sinkt die Gefahr eines Informationsverlustes an den Schnittstellen, und Wartezeiten werden vermieden. Zugleich haben die beiden Wissen gesichert, denn zum einen ist der Prozess nun klar beschrieben und ins Dokumentenmanagementsystem übertragen. Zum anderen beschreiben die beiden Studentinnen: „Wir haben das Controlling inhaltlich verbessert sowie die Transparenz des Prozesses und der dokumentierten Daten erhöht“.

„Unser Referat hat einen Gewinn aus dem Masterstudium der Kolleginnen“

Susanne Pape, die das Referat 33 zusammen mit einem Kollegen leitet und als Auftraggeberin fungierte, lobt das Engagement ihrer beiden Kolleginnen: „Die beiden haben sich im Rahmen ihrer Arbeit intensiv mit den Zuständigkeiten und Prozessen des Referates auseinandergesetzt. Damit hat auch unser Referat einen direkten Gewinn aus dem Masterstudium der beiden Kolleginnen, das ist toll. Der viel zitierte Blick über den Tellerrand, den die beiden gewagt haben, hat ganz maßgeblich zum Projekterfolg beigetragen. Das Projektergebnis leistet einenwichtigen Beitrag auf dem Weg zur digitalen Transformation der Verwaltung und kann sicherlich als Blaupause für weitere Digitalisierungsprojekte genutzt werden“.

Die digitale Transformation als große Herausforderung der Verwaltung

Prof. Dr. Sylvia Veit, Akademische Leiterin des MPA-Studiengangs an der Universität Kassel, freut sich über dieses positive Feedback: „Wir möchten unsere Studierenden befähigen, die ,Verwaltung von morgen‘ mitzugestalten. Die digitale Transformation der Verwaltung steht dabei als Herausforderung derzeit ,ganz oben‘.“ Deshalb spiele dieses Thema in vielen Modulen des Studiengangs eine wichtige Rolle. Über Wahlmodule wie „Künstliche Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung“ oder „Wirtschaftsinformatik“ könnten sich die Studierenden zusätzliche Expertise aneignen.

„Projektimpuls für echte Veränderung“

Prof. Dr. Moritz Behm bestätigt der UNIKIMS: „Die Studentinnen und Studenten geben wichtige Impulse in die jeweiligen Organisationen und stoßen so spannende Veränderungsprojekte an – das ist wunderbar. “ Das Projektseminar sei ein wichtiges Moduldes Masters of Public Administration (MPA), weil es den Raum öffne, um frei über Innovationen in öffentlichen Verwaltungen nachzudenken: „Die Studierenden initiieren eigene Projekte, um das daily life in der Verwaltung zu verbessern. Manche bleiben fiktiv oder als Konzept in der Schublade und andere finden den Weg in die echte Umsetzung, wie in diesem tollen Beispiel.“

MPA-Studium vermittelt Inhalte und Kontakte 

Auf der Suche nach der passenden, berufsbegleitenden Qualifikation für den höheren Dienst auf universitärem Niveau war Melanie Albers und Melina Redeker der Masterstudiengang in Public Administration der UNIKIMS „aufgefallen“. Für Melina Redeker sprachen der generalistische Ansatz, nach dem die Universität Kassel Wissen in vielfältigen Themenfeldern vermittelt, und die Möglichkeit, im Studium mit Menschen aus anderen Behörden, Kommunen und Bundesländern in Kontakt zu kommen für die Aufnahme des Studiums an der UNIKIMS. Es habe schließlich „viel Spaß gemacht“, gemeinsam mit der Kommilitonin und unter Einbeziehung der Vorgesetzten einen Prozess komplett umzustellen, wozu im Arbeitsalltag keine Zeit gewesen wäre. Melanie Albers fügt hinzu, dass der Master in Kassel bundesweit hohes Ansehen genieße und es zahlreiche inhaltliche Verknüpfungen mit ihren Arbeitsinhalten gebe. Ein Studium berufsbegleitend zu absolvieren, verlange einem selbstverständlich Fleiß und Einsatz ab, sei aber „doch hinzukriegen“.