Die moderne Schule muss qualifiziert geführt sein

Berufsbegleitender Master in Bildungsmanagement: Denn Schule ist heute mehr als guter Unterricht
 

Schule ist mehr als „guter Unterricht“. Sie muss sich gegenüber einer anspruchsvollen, Fragen stellenden Öffentlichkeit als selbständige Einrichtung profilieren, sie muss sich vergleichen lassen und Qualität vorweisen. „Dafür benötigen wir unternehmerisch denkende und handelnde Schulleitungen“, sagt Christian Martin, der den Studiengang gemeinsam mit Frau Prof. Dr. Ute Clement von der Universität Kassel entwickelt hat: „Den Führungskräften an den Schulen vermitteln wir die nötige Kompetenz in unserem berufsbegleitenden Masterstudiengang Bildungsmanagement an der UNIKIMS, der Management School der Universität Kassel“. Der Masterstudiengang, der Studierende aus ganz Deutschland anzieht, zeichne sich im bundesweiten Vergleich durch dreierlei aus, sagt Martin: „Wir sind mit drei Semestern der Studiengang für die Schnellen, wir führen die Studierenden nach einer längeren Abwesenheit von der Hochschule systematisch wieder an das wissenschaftliche Arbeiten heran, und das Thema Bildungsberatung gibt es als eigenständiges Modul nur bei uns.“ Martin ist in dem Studiengang für das Modul „Qualität von Schule sichern“ verantwortlich. Der vierte Jahrgang startet im Herbst 2018. In einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess sei der Masterstudiengang schlanker strukturiert worden, und auf Wunsch der Studierenden sei die Dauer der Präsenzphasen in jedem der vier Module zum gegenseitigen Austausch von ein auf zwei Tage verdoppelt worden. Von den Studierenden kommt etwa je eine Hälfte aus ganz Deutschland sowie aus Hessen. Der Masterabschluss wird von der Universität Kassel vergeben und berechtigt zur Promotion.

Schule unterrichtete früher Kinder, heute hat sie anspruchsvolle Kunden 

„Schule hat sich im Wechselspiel mit ihrer Umwelt verändert“, sagt Martin, der auch Geschäftsführer des Forschungs- und Lehrzentrums für unternehmerisches Denken und Handel an der Universität Kassel ist. Er verweist zunächst auf das Umfeld: Die Anforderungen an Schule seien vielfältiger geworden. Schüler und Eltern, aber auch die Mitglieder der Gesellschaft und die Vertreter der Wirtschaft seien informierter, anspruchsvoller und kritischer. Sie treten mit der Haltung von Kunden auf, weil Bildung mehr Beachtung finde, da ihr eine hohe Bedeutung für die Chance auf Karriere zugemessen wird. Schließlich führe auch der demografische Wandel dazu, dass die Zahl der Schüler und Schülerinnen zwar sinke, aber immer mehr individualisierende Lehrformate gefordert seien. „Die Bildungspolitik formuliert entsprechende Anforderungen an Schule wie etwa die Inklusion“, sagt Martin.

„Plötzlich stellen die Laien die Experten und ihre Expertise in Frage“

Eine „Expertenorganisation“ wie Schule sei mit diesem umfassenden Wandel aber leicht überfordert. Es ergehe ihr im Übrigen wie den anderen Expertenorganisationen, die vielfach von Angehörigen der klassischen Professionen besetzt seien, wie etwa die Medizin, die Justiz und die Verwaltung oder die Medien: „Plötzlich wissen alle Laien mehr als früher und stellen die Experten samt ihrem Wissen und ihrer Expertise in Frage.“

Schulen als Expertenorganisationen, schildert Martin, falle es schwer, darauf adäquat zu reagieren. Ihre Leitungsebene zeichnet sich durch die Kleinheit dieser Gruppe aus, die innerhalb der Organisation mit wenig administrativer Unterstützung und häufig – gleichsam nebenher bei wenig mehr Gehalt und nur teilweiser Entlastung von Unterrichtsstunden - die Führung einer sehr großen Zahl an Kollegen übernehme. Unter den Kollegen herrsche nicht die Vorstellung von Führungskraft und Mitarbeiter, sondern von „Schulleitungsmitgliedern als Gleichen unter Gleichen“ vor. Die Lehrkräfte sehen sich als Experten für Lehren und Lernen und sind getragen von der Überzeugung, Schule funktioniere am besten, „wenn die mich machen lassen“. Angehörige von Expertenorganisationen verlangten ein hohes Maß an Autonomie.

Die Politik will die selbständige Schule

Unter den Zwängen der veränderten Ansprüche der Gesellschaft, aber auch angesichts der Erwartungen der nachwachsenden Lehrergeneration hat die Politik reagiert. In den meisten Bundesländern, sagt Martin, sei Schule selbständiger und autonomer geworden. Die Schulen verfügten über ein kleineres oder größeres freies Budget. Einige berufliche Schulen in Hessen sind mittlerweile sogar als rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts verfasst und treten in direkten Wettbewerb zu anderen Bildungsträgern in der beruflichen Weiterbildung.

Profilierung und Qualitätsmanagement sind der Preis der Freiheit

Zahlreiche Lehrerinnen und Lehrer begrüßten zwar die gewonnene Freiheit, müssten aber bald schon erkennen, dass ein Preis zu entrichten sei, wie die Entwicklung eines eigenen Schulprofils sowie die permanente Überprüfung der von Dritten geforderten Qualität von Schule und Unterricht. In Hessen gebe es zum Beispiel (nur) Kerncurricula. Darauf aufbauend müsse das Kollegium eigene schulische Curricula für die verschiedenen Fächer aufbauen. „Auf einmal reibt man sich im bisher freundlich distanzierten Kollegium aneinander, weil nun in der Schule definiert werden muss, welches Profil die Schule und ihre Qualität ausmachen soll“, schildert Martin seine Erfahrung als Schulentwicklungsberater und folgert: „Den Anforderungen einer sich zügig entwickelnden demokratischen Gesellschaft des 21. Jahrhunderts können Organisationen mit Strukturen und einem Expertenstatus aus dem 19. Jahrhundert einfach nicht gerecht werden.“ Das sei kein Vorwurf an heutigen die Schulen und Lehrkräfte. Sie müssten sich jedoch den grundlegenden Wandel bewusstmachen und von anderen Organisationen lernen, wie diese zeitgemäß denken, handeln und führen.

Die Führungskraft ist mehr als „Gleicher unter Gleichen“

Dafür benötige die Schule von heute moderne Führungsinstrumente und qualifiziertes Führungspersonal, das diese Instrumente und Methoden anwenden könne und dazu bereit sei. Darum gelte das erste Modul im Masterstudiengang dem Thema „Schule führen“. Die Studierenden lernten mit Hilfe verschiedener Gesprächsformen unterschiedliche Gespräche zu führen und zum Beispiel die Jahresgespräche mit den Lehrerinnen und Lehrern zu nutzen, um gemeinsam Ziele zu erreichen, aber auch die nötigen Gespräche mit dem Schulamt, dem Förderverein der Schule und dem Elternbeirat zu führen. Die Schule müsse unter der Anleitung von Führungspersonal ihre „Coorporate Idendity“ (CI) entwickeln, ein Leitbild und ein Logo, nicht nur, um sich im Wettbewerb von anderen abzuheben, sondern die CI sei auch ein Bestandteil des Qualitätsmanagements und eine Voraussetzung, um im Wettbewerb mit anderen Schulen Zertifikate und Preise aber vor allem ausreichend Schülerzuspruch zu erlangen.

Aha-Effekte in dem Masterstudiengang für die Schnellen

Das zweite Modul ist mit „Qualität von Schule sichern“ überschrieben. Es geht um das Qualitätsmanagement und dessen Komponenten, Methoden und Instrumente zur Evaluation des Erfolgs von schulischer Arbeit sowie des Einholens von „Feedback“ von Seiten der Schüler. Die Auseinandersetzung mit dem schulischen Qualitätsmanagements löst nach Martins Beobachtung häufig die größten „Aha-Effekte“ bei den Studierenden aus, aber ebenso die Auseinandersetzung mit dem dritten Modul „Bildungsgovernance“. Hier stehen die Schule als Expertenorganisation ihre Außenbeziehung und das rechtliche Basiswissen für Führungskräfte im Mittelpunkt. Letzteres wird den Studierenden auch in einem auf 180 Seiten verdichteten Studienbrief vermittelt.

Bildungsberatung gibt es Studienmodul nur an der UNIKIMS

Bildungsberatung als viertes Modul ist nach Martins Worten schließlich eine Besonderheit des Masterstudiengangs an der UNIKIMS. Die Kompetenz der Bildungsberatung sollen die Führungskräfte später sowohl im Kollegenkreis, als auch in Lernprozessen mit den Schülern einsetzen. Es gehe um das Training der Fähigkeiten, wie Bildung am besten zu vermitteln sei. Schule sei immer mehr weggekommen sowohl vom Frontalunterricht, als auch von der Gruppenarbeit. Kompetenzorientiertes Lernen laute das Stichwort. Hier zähle der beratende Dialog von Lehrer zu Schüler besonders. Die Resonanz auf diese Vermittlung von Bildungsberatung sei gut, sagt Martin.

Studienbeginn im Wintersemester 2020/2021

Das Studium beginnt im Wintersemester 2020/2021 mit den Modulen 1 und 2. Das dritte Modul verknüpft das Winter- und das Sommersemester, und das vierte Modul schließt das Sommersemester 2021 ab. Das Wintersemester 2021/22 ist als „Mastermodul“ der Masterarbeit und dem finalen Kolloquium vorbehalten. Jedes Modul hat einen zweitägigen Präsenztermin in Kassel, die aufgrund der Pandemie auch online stattfinden können. Die Module können auch einzeln studiert und nach einer Prüfung mit einem Zertifikat abgeschlossen werden. Ferner können die Module als Inhouse-Fortbildungen maßgeschneidert zusammengestellt von Bildungsinstitutionen gebucht werden.